Interview zum 25 jährigen Bestehen der Region Sønderjylland-Schleswig
21.12.2022
Im Zusammenhang mit dem 25 jährigen Bestehen der Region Sønderjylland-Schleswig wurden 5 Kenner des Grenzlandes befragt. Die Antworten ergänzen die Publikation 20 Jahre – 20 Köpfe aus dem Jahr 2017 (Die Publikation finden Sie hier )
Hier nun das vierte Interview und die Antworten von Jørgen Popp Petersen, geboren 1963,Wohnort Løgumkloster.
Funktion 1997 Landwirt
Funktion 2022 Bürgermeister der Kommune Tønder
Ich habe mich schon immer für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit interessiert. Ich bin in der deutschen Minderheit in Nordschleswig/Sønderjylland groß geworden und kenne von zu Hause Patenschaften mit deutschen Schulen und Kindergärten. Aufgrund dieser Erlebnisse aus meiner Kindheit und auch später aus meiner Tätigkeit als Elternvorsitzender des örtlichen Kindergartens fasziniert mich die Zusammenarbeit über die Grenze hinweg sehr. Wir hatten keine familiären Beziehungen südlich der Grenze, fuhren aber einmal in der Woche zum Einkaufen nach Deutschland. So sah es in vielen Familien in Nordschleswig/Sønderjylland aus.
Als Bürgermeister treibt es mich an, mehr Menschen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu gewinnen. Ich möchte, dass der normale Bürger bzw. die normale Bürgerin darin einen Wert sehen. Gerade hier in Tønder war dies auch ein politischer Schwerpunkt, und wir führten demzufolge als erste dänische Kommune den frühen Deutschunterricht ein, was ein großer Erfolg war.
Als Vorsitzender des Kulturausschusses habe ich die Entwicklung des Transportpools begleitet. Anfangs wurden kaum Anträge eingereicht, aber inzwischen haben die Einrichtungen die Möglichkeiten erkannt, die sich durch den KursKultur-Pool ergeben.
Als wichtige Meilensteine in den vergangenen 25 Jahren möchte ich zwei nennen: die Schengen-Zusammenarbeit und den Interreg-Pool. Vor dem Beitritt Dänemarks zum Schengener Abkommen gab es in Bezug auf die Mehrheitsbevölkerung keinen engen Kontakt über die Grenze hinweg. Aber danach konnte unsere Euroregion eine ganze Reihe von Projekten auf den Weg bringen. Und diese Ideen verbreiten sich immer weiter.
In dem Zusammenhang versteht sich meine Haltung zu den Grenzkontrollen vielleicht von selbst. Ich wünsche mir eine übergeordnete Politik der Großmut, bei der man sich von dänischer Seite nicht abschottet. Im Laufe der letzten 10 Jahre wurden mehrere Beschlüsse eigenständig und ohne vorherige Abstimmung mit dem Nachbarn getroffen. Und natürlich geben einige Reaktionen auch Anlass zur Verwunderung. In einem politischen Kontext muss man aber letztendlich immer an die Signalwirkung denken.
Auch dank der Schengen-Zusammenarbeit und des Interreg-Pools hat sich eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den beiden Minderheiten - der dänischen Minderheit südlich der Grenze und der deutschen Minderheit nördlich der Grenze - entwickelt. Im Laufe der letzten 25 Jahre wurden hier sehr große Fortschritte erzielt, und davon profitieren nicht nur die Minderheiten selbst, sondern die gesamte Region.
Die unterschiedlichen Strukturen auf beiden Seiten der Grenze stellen nach wie vor eine Herausforderung dar. Auf dänischer Seite fehlt eine verbindende Kraft, und die wünsche ich mir für die Zukunft.