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Klare Verhältnisse schaffen


11.02.2022 //

Klare Verhältnisse schaffen oder wo Mobilitätsrechte auf ihre Grenzen stoßen


In den vergangenen anderthalb Jahren haben viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Vorzüge des Arbeitens von zu Hause aus kennen und schätzen gelernt. Bei guter Internetanbindung sind viele Aufgaben vom heimischen Arbeitszimmer leistbar, ohne den täglichen Weg zur Arbeit mit hohem Zeit- und Kostenaufwand auf sich nehmen zu müssen.

Sowohl die technischen Voraussetzungen, gute Verkehrsinfrastruktur, der höher werdende Digitalisierungsgrad vieler Arbeitsbereiche, aber auch ein gestiegenes Interesse von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite tragen zu dieser Entwicklung bei.

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten kann die Freizügigkeit und Nutzung moderner Arbeitsformen jedoch an Ihre Grenzen stoßen, wenn diese auf Verwaltungsrealität und praktische Hindernisse treffen.

”Entfernung bedeutet nichts mehr” – diese Aussage hört man öfter, wenn es um die Aufnahme einer Arbeit geht. Sowohl gute Verkehrsanbindungen, billige Flugmöglichkeiten und ein hoher Arbeitsanteil, der von zu Hause aus geleistet werden kann, sind für Viele Entscheidungsgrund für eine Arbeitsaufnahme. Gleiches gilt für Übersiedler, die aufgrund der Lage auf dem Immobilienmarkt einen Umzug weg vom bisherigen Arbeitsort überlegen.

Allen die grenzüberschreitende Arbeitsverhältnisse beabsichtigen, wird ausdrücklich eine individuelle Beratung empfohlen. Dieses gilt sowohl bei Arbeitsaufnahme, als auch bei Planung eines Umzugs ins Nachbarland.

Dieses gilt umso mehr, wenn mehrere Arbeitsverhältnisse, selbständige und nicht selbständige Tätigkeiten gleichzeitig ausgeübt werden oder weitere Länder in die jeweilige Lebenssituation hineinspielen.

Die jeweilige Wohn- bzw. Arbeitssituation kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein, da die Motivation, die hierzu geführt hat bzw. führen sollte ebenfalls sehr vielfältigen Ursprüngen entstammen kann.

Wohnsitz und Aufenthaltsort sind nur sprachlich ähnlich

Der „gewöhnliche Aufenthalt“ wird nach EU-Recht definiert. In der Praxis bezeichnet er den Ort, an dem Sie den Mittelpunkt Ihres Lebensinteresses haben.

 

Mittelpunkt des Lebensinteresses

Sowohl steuerrechtlich (steuerliche Ansässigkeit), als auch bei der Festlegung des für die soziale Sicherung zuständigen Staates wird der Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes gleichgesetzt mit dem Mittelpunkt der Lebensinteressen. Das ist regelmäßig der Ort, zu dem eine Person wegen persönlicher oder beruflicher Bindungen enge Beziehungen hat.

Als Entscheidungskriterien können herangezogen werden:

· Ort, der regelmäßig von der Person und ihren Familienangehörigen aufgesucht wird

· Ort der Ausübung der beruflichen Tätigkeit

· Ort des tatsächlichen Schulbesuchs der Kinder

· Einrichtung der Wohnung

· Ort, an dem die Vermögensinteressen liegen oder

· Ort, an dem die verwaltungsmäßigen Beziehungen zu den staatlichen Stellen und gesellschaftlichen Einrichtungen bestehen

· Gemeldeter Wohnsitz

 

Der Besuch einer Schule oder Universität oder die Ausführung eines beruflichen Auftrags allein bewirkt nicht die Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes. Auch in diesen Fällen ist entscheidend, an welchem Ort die betreffende Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat bzw. beibehält. Dieser wird nach Prüfung von den jeweils zuständigen Behörden beider betroffener Länder entschieden.

Ärger vorprogrammiert

Es gibt kein europäisches Melderecht. Es wird hingegen im Melderecht des jeweiligen Landes geregelt, wann, wer und wie an- bzw. abzumelden ist. Dieses hat neben den konkreten juristischen auch verwaltungstechnische Folgen, die man vor einer An- bzw. Abmeldung kennen sollte.

So ist ein Zweitwohnsitz in grenzüberschreitenden Sachverhalten nicht möglich. Die Anmeldung wirkt sich direkt auf die Art der Steuerpflicht, das Wahlrecht oder die Registrierung von Fahrzeugen oder Gewerbebetrieben aus, da die Behörden nach Meldelage Entscheidungen treffen und Sachverhalte annehmen.

Ist eine Person in 2 Ländern gemeldet (als geplantes Vorgehen, als Übergang zwischen zwei Lebensphasen oder aus Versehen – sog. Doppeldomiziliäre) so hat dies umfangreiche Folgen, die in einem Artikel unter dem Folgenden Link zusammengefasst sind: https://pendlerinfo.org/pendlerinfo/de/diverse/Sonstiges_grenzueberschreitend/Doppeldomizil.php

 

Die etwaige behördliche Prüfung, wo der Mittelpunkt des Lebensinteresses zu verorten ist, kann sich über lange Zeit hinziehen. In dieser Periode sind Unsicherheiten und ggfs. finanzielle und versicherungsrechtliche Nachteile wahrscheinlich.

Es empfiehlt sich daher die genaueste Überlegung der Vorgehensweise sowie eine individuelle Beratung durch eine fachkompetente Stelle und – soweit möglich – die Meldung an nur einer Meldeadresse.

Desweiteren ist sowohl im Kontakt mit Behörden, Beratern als auch anderen die sehr klare Kommunikation wichtig. Begriffe sind vorsichtig und korrekt zu nutzen, um Mißverständnisse von vornherein zu vermeiden. Wohnsitz, Aufenthalt, gewöhnlicher Aufenthalt etc. sind klar und eindeutig zu benennen, damit nicht durch fehlerhafte Kommunikation weitere ”falsche” Verwaltungsvorgänge in Gang gesetzt werden und Schwierigkeiten bereiten.

Die langjährigen Erfahrungen aus der Beratungsarbeit zeigen, daß Menschen gern die Entscheidung zu Anmeldung bzw. Nicht-Anmeldung von den erwarteten (positiven) Folgen abhängig machen. Man springt dort über den Zaun, wo er am niedrigsten ist. Dieses ist den Betroffenen nicht zu verdenken, kann jedoch zu unerwünschten, weil unerwarteten Folgen führen, da gerade die Wohnsitzmeldung und die Schaffung und Kommunikation von klaren Verhältnissen der einzige Garant für klare Verwaltungshandlungen, korrekte Meldungen und Berechnungen von Leistungen und Steuern sind.

In der Praxis erlebt man leider Fälle, wo man sich aus verschiedenen Gründen zu einer An- bzw. Abmedlung entschieden hat und nach Monaten von den Folgen überrascht wird: Steuerforderungen kommen unerwartet, Versicherungen kündigen Verträge, das eigene Auto wurde durch die Polizei beschlagnahmt usw.

Vielfach haben Gerichte schon festgestellt, dass die Freizügigkeit und das Recht hierauf keinen Anspruch auf finanziellen Gewinn oder Kosteneinsparungen begründet. Es ist daher stets im Vorfeld zu überlegen, wann welche Lebenssituation und die hierzu mögliche Gestaltung der Rahmenbedingungen legal, sinvoll und am Ende auch bezahlbar ist.

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